Frizz Feick im Gespräch mit 60minuten.net
Am 09. April 2014 fand im Berliner BKA-Theater Frizz Feicks Record-Release-Konzert zur CD „Woanders und hier“ statt.Das war gleichzeitig sein Tourstart und das erste Konzert mit einer Band in neuer Besetzung. George Kochbeck (Keyboard und Produzent der CD), Christian Flohr (Bass) und neu dabei Annette Kluge (Schlagzeug) Die Vier bestanden die Feuertaufe bravourös. Wunderschöne Songs, abseits jeglicher Schubladen begeisterten das Publikum. Für die, die Fritzz Feicks Songs noch nicht kennen – stellen Sie sich eine sehr gelungene Kreuzung aus Singer/Songwriter, Pop und Jazz vor. Das ist Musik, über die man nicht lange reden, sondern die man einfach hören sollte, die ich öfters im Radio hören möchte, die auch nach dem zehnten Mal Hören nicht langweilt. Das Publikum muss das auch so gesehen haben und forderte zwei Zugaben ein. Danach war Frizz ein Künstler zum Anfassen, nahm sich Zeit für seine Fans. Das fand ich gut und wartete geduldig auf ihn.
An einem kleinen, gemütlichen Tisch trafen wir uns zum Interview.
Frizz, Du schreibst Deinen Namen auf eine eigenwillige Art. Gibt es dafür einen Grund?
Ja – alle in der Familie heißen Fritz – mein Vater, mein Großvater hieß Fritz und ich wurde auch so getauft. Mit etwa fünfzehn Jahren begann ich darauf zu achten, wer meine Post öffnet. Es stand ja immer Fritz Feick drauf. Das konnte auch mein Vater sein. So hatte ich die Idee, meinen Namen mit zz zu schreiben. Seit dem mache ich das. Dann bekam ich den Spleen, tz generell durch zz zu ersetzen. So bin ich bin eben gestrickt – ganz oder gar nicht. Das ist in allen Booklets so. Du wirst in keinem tz finden, es sei den, es handelt sich um einen Musikernamen. Es gibt weder in meinen Texten, noch in privaten Schriftstücken tz. Selbst ins Abitur hatte ich mein zz geschmuggelt. Inzwischen haben sich sogar die Fans angepasst und schreiben mir auf diese Weise. Das ist lustig.
Woher nimmst Du die Ideen für Deine Songs?
Hinsetzen und über etwas schreiben geht gar nicht. Ich habe ständig ein Notizbuch dabei und notiere Dinge, die mir auffallen. Ich bin viel draußen unterwegs, beobachte und höre sehr gerne zu. Wenn ich in einem Cafè sitze, habe ich immer ein Ohr woanders. Sobald mir etwas auffällt, schreibe ich es in dieses Notizbuch. Irgendwann mache ich dann was daraus. „Zu laut für Berlin“ ist wirklich beim Sommerfest der niedersächsischen Landesregierung entstanden. Als uns das Mischpult versiegelt wurde, habe ich zu George gesagt, wir sind zu laut für Berlin. Ich dachte, das ist ein guter Songtitel. Wir haben mit der Band die Nacht durchgemacht. Dann war plötzlich der Titel fertig.
Gibt es Musiker, die Dich beeinflusst haben?
Ich lege mich nie auf einen Stil fest. Ich würde meine Musik nicht als Pop-Musik bezeichnen, als Rockmusik schon gar nicht. Rock ist nicht mein Ding, eher eine Pop / Jazz Mischung. Ich habe in meinem Leben sehr viel Jazz gehört. Darum auch die Affinität zum Saxophon. John Coltrane und Ben Webster waren Instrumentalisten, die jeden Abend das Saxophon neu erfanden. Das hat mich sehr beeindruckt. Sicher spielen auch die Beatles eine Rolle. Ich liebe Paul McCartney Songs. Sting mag ich sehr. Früher hörte ich viel Musik. Inzwischen fehlt mir die Zeit dafür. Außerdem höre ich sehr selten Deutschsprachiges, da ich Angst habe, etwas mitzubekommen, von dem ich denke, dass es von mir sein könnte. Z. Bsp. gibt es einen Song von Grönemeyer. Da singt er, wir haben den Regen gebogen. Das finde ich schön, so genial. Es ärgert mich, dass ich das nie machen kann, weil es von Grönemeyer ist. Es ist besetzt.
Was schreibst Du zuerst, Musik oder Text?
Ich bin faul, was das Texten betrifft. Meist habe ich eine Akkordidee und denke, das ist toll, daraus mache ich was. Dann kommt der Text. Das geschieht aber alles mehr gleichzeitig am Klavier. Allerdings für „Liebensgefährlich“ hatte ich Musik von George bekommen, die ich dann betextet habe.
Eine Textstelle im Titel „Famose lezzte Worte“ finde ich sehr ungewöhnlich und interessant. Es heißt, und wenn du Licht brauchst, dann mach Dir Kerzen an oder den Kühlschrank auf. Ich komme dann. Was willst Du damit sagen?
Das habe ich für einen langjährigen Freund geschrieben, den ich viel zu selten sehe. Es gibt Momente in meinem Leben, die Erinnerungen wach rufen. Z. Bsp. jeden Morgen, wenn ich mir die Socken anziehe, denke ich an einen Freund, der sich beim Socken anziehen einen Finger gebrochen oder verstaucht hat. Jedenfalls musste er sehr lange einen Verband tragen. Ich dachte, wie schön es wäre, wenn es jemanden gäbe, der an mich denkt, wenn er den Kühlschrank aufmacht. So ist diese Textstelle entstanden. Ich wollte Dingen, die man unbewusst tut, einen Stellenwert gibt.
Hast Du schon mal bei einem Konzert Deinen Text vergessen?
Ja – natürlich. Deshalb habe ich grundsätzlich meine Texte auf der Bühne. Es sind so viele, dass ich wirklich keinen von vorne bis hinten im Kopf habe. Ich glaube, der einzige Text, den ich vollständig auswendig kann, ist der, an dem ich gerade arbeite.
Gibt es ein besonders schönes Erlebnis im Zusammenhang mit Musik, einem Konzert?
Ganz viele. Auf Anhieb fällt mir aber nichts ein. Ich finde es halt immer toll, wenn ich auf die Bühne komme und spüre, da ist eine besondere Energie – wie eben auch heute Abend. Das war ganz besonders, weil wir gar nicht damit gerechnet hatten, dass es so voll ist und so schön wird. Es war das erste gemeinsame Konzert in dieser Formation. Annette, die Schlagzeugerin ist neu. Jetzt fällt mir noch etwas ein. Es war 1997 bei einem Konzert in Leipzig. Ich war auf Promo-Tour für meine erste Platte. Die war damals zu Hause aufgenommen, nur Klavier und Gesang. Ich kündigte den letzten Song „Meine Liebe“ an. Da sagte eine, mir unbekannte Person in der ersten Reihe, ja der Song ist schön. Ich war vorher noch nie in Leipzig und hatte absolut nicht erwartet, dass dort jemand meine Songs kennt.
Könntest Du Dir auch einen anderen Beruf vorstellen?
Nein, konnte ich zu keiner Zeit. Mein Großvater, hatte in dem Ort, in dem wir lebten, eine Zimmerei. Die sollte ich mal übernehmen. Das hat mich aber nicht interessiert. Die hätte ich sicher in kürzester Zeit ruiniert. Ich hatte bereits mit Elf beschlossen, Musiker zu werden und das zum Leidwesen meiner Eltern auch durchgezogen. Gleich nach der Schule habe ich zwei Jahre in Hamburg Saxophon studiert und ansonsten nichts weiter gelernt. Ich war immer Musiker. Für mich kam wirklich nichts anderes in Frage.
Die Booklet-Fotos lassen ein Landleben vermuten. Ist das so?
Ich lebe wirklich so. Das ist keine Mache. Ich könnte mir z. Bsp. ein Leben ohne Hund nicht vorstellen. Das geht gar nicht.
In einem YouTube-Video und im Booklet bist Du mit Eseln zu sehen. Sind das Deine?
Ja, die stehen bei uns im Garten – also wenn wir Rasen haben. Ansonsten, wenn dieser abgefressen ist, sind sie auf einer Weide. Wir haben die aber nicht nur zum Rasen mähen, sondern auch zum lieb haben. Es sind Brüder – Andy und Carlos. Unser Küchenfenster geht zum Garten raus. Manchmal, wenn ich dort frühstücke, schauen die Esel rein. Dann weiß ich nicht, ob die im Zoo sind oder ich. Wir gehen auch mit Hund und Eseln spazieren. Die Leute im Dorf denken, wir sind voll crazy, aber das ist egal. Mit den Eseln, das ist einfach zum gut drauf sein. Wenn wir abends im Stall sind und Heu füttern – Ruhe, das Geräusch der kauenden Esel, ihr Geruch – das ist einfach toll. Esel riechen ja nicht eklig. Die ernähren sich rein vegetarisch, die riechen nach Schokolade.
Hast Du einen Traum? Was würdest Du gerne mal tun?
Ich möchte mit dem, was wir machen, erfolgreich sein. Ich bin schon so lange Musiker und denke, dass wir gute Musik machen. Ich wünsche mir die Chance, dass ein breiteres Publikum diese Sachen hört. Es werden zwar immer mehr, die meine Musik mögen, aber es passiert zu langsam. Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste. Ich möchte einfach nicht mehr auf den Euro schauen müssen, ob genug Sprittgeld da ist, um zum nächsten Auftrittsorte zu fahren. Ich möchte einfach mal sagen können, ja das machen wir jetzt. Wir mieten uns einen Nightliner und fahren damit stressfrei unsere Tour. Ohne die ganzen Problematiken: Wer pennt wo? Kommen wir bei Freunden unter? Wie bezahlen wir alles, was rund herum nötig ist? Ich möchte einfach, dass der Musik mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegen gebracht wird. Mit „Woanders und hier“ sieht das jetzt ganz gut aus. Wir werden im Radio gespielt. Bei Radio Berlin 88.8, Hy Music waren wir mehrere Wochen auf vorderen Plätzen in den Charts. Mal schauen.
Wo würdest Du gerne mal auftreten?
Und es wäre voll?
Ja.
Mich würde ein Stadion nie reizen, weil ich keine Stadienmusik mache. Ich denke, dass 100 bis 200 Leute für mich vollkommen ausreichend sind, weil ich die Kommunikation mit den Leuten brauche. Ich möchte keine Masse haben, die da irgendwo sitzt, sondern ich möchte jeden einzelnen spüren.
Mit wem würdest Du gerne zusammen singen?
Es sind meistens Frauen, mit denen ich singen möchte. Da fällt mir sofort Regy Clasen ein. Es gibt auf „bLaUpAuSe“ einen Song „Kein neues Liebeslied“. Den wollte ich eigentlich mit ihr machen, aber ich bekam auf meine Mail keine Antwort. So habe ich Milla Kay gefragt. Am Tag nach Millas Zusage bekam ich eine Mail von Regy, dass wir das machen können. Ich habe den Titel mit Milla eingesungen. Und sie machte das wundervoll. Im darauf folgenden Jahr traf ich bei einem Konzert in Leipzig auf Regy. Da haben den Titel doch noch zusammen gesungen. Das war echt schön. Christina Lux war auch eine Wunschkandidatin. Sie hat bereits an „Woanders und hier“ mitgewirkt. Auch mit Diane Weigmann würde ich gerne arbeiten. Ein Duett wäre schön. Ansonsten habe ich schon mit vielen Leuten zusammen auf der Bühne gestanden. Mit Dirk Zöllner gesungen oder mit Manfred Maurenbrecher gespielt. Das sind immer ganz besondere Momente.
Gibt es einen Musiker, mit dem Du gerne zusammen arbeiten würdest?
McCartney ist für mich der Komponist des letzten Jahrhunderts. Was der an Melodien geschrieben hat, das ist für mich unvorstellbar. Mit ihm mal was machen zu können, was natürlich utopisch ist, das stände ganz oben auf der Liste. Mit McCartney bin ich praktisch aufgewachsen. Ich habe die Beatles das erste Mal gehört, da war ich acht oder neun Jahre. Das war das Album „Abbey Road“. Dazu fällt mir eine Geschichte ein. Ich hatte für eine Geldschatulle gespart. Die Dinger fand ich toll. Aber dann überlegte ich mir, wenn ich mit meinem Geld so eine Schatulle kaufen würde, wäre nichts mehr übrig, um es hinein zu geben. Das fand ich doof. So ging ich lieber in den Plattenladen nebenan und kaufte mir das rote und das blaue Album von den Beatles. Ich finde immer noch, dass das eine vollkommen korrekte Entscheidung war.
Was ist Dir in der Musik wichtig?
Dass ich spüre, Leute meinen ernst, was sie tun. Ich muss es sehen und eine Energie spüren, dass das nicht gefakt, sondern echt ist. Ich mag Momente der Improvisation auf der Bühne, so wie wir das heute Abend auch getan haben. Es sind viele Dinge passiert, die vorher nicht abgesprochen waren. Das liebe ich.
Was ist Dir im Leben wichtig?
Ehrlichkeit zu sich selber, dass man sich treu bleibt, seinen Weg geht, dabei ernst genommen wird.
Was ist für Dich Lebensqualität?
Da bin ich gerade drin. In einer harmonischen Beziehung zu leben und ganz wichtig, Tieren um mich zu haben. Mit guten Freunden treffen und Spaß haben. Ernst und Spaß miteinander zu verbinden, dass es eine Kugel wird – ausgeglichen. Das tun zu können, was man machen möchte. Wenn mir die Musik genommen würde, könnte man mich eingraben. Da ginge nichts mehr. Das ist für mich das Allerwichtigste und dann kommt erst anderes, weil ich weiß, die Musik ist das, was bleibt. Die Menschen kommen und gehen. Wenn mich jemand verlässt, dann bin ich traurig, aber nicht so, als würde mich die Musik für immer verlassen.
Magst Du Dich?
Das hängt von der Tagesform ab. Momentan – ja, weil es mir ganz gut geht. Es gibt natürlich Tage, da möchte ich mich nicht im Spiegel sehen. Ich denke, dass ein sich Mögen eine Grundvoraussetzung ist, um diesen Weg zu gehen. Was man an sich selber nicht mag, kann man jeder Zeit ändern. Grundsätzlich – also, ich würde mit mir ’n Bier trinken gehen.
Kann es sein, dass Du eine gewisse Schüchternheit hast?
Ja, bin ich grundsätzlich. Das ist ein Problem. Um diese Schüchternheit zu kompensieren, setze ich teilweise eine Arroganzmaske auf. Es gibt Leute, die mich kennen lernen und denken, was ist das für ein arroganter Stiesel. Es ist aber nur Selbstschutz. Die Maske fällt sehr schnell, wenn ich Vertrauen fasse.
Was würdest Du gerne mal gefragt werden?
Darauf war ich vorbereitet. Mist, jetzt habe ich’s vergessen. Da hatte ich was ganz Lustiges. Ich wollte immer, dass mir diese Frage gestellt wird. (lacht)
Interview Kordula Ullmann | 60 Minuten.net
Quelle: http://www.60minuten.net/?p=8536